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Von Sprachkurs, Einstiegsqualifizierungsjahr bis hin zur Ausbildung - Zaher über seinen Start in Deutschland

Kannst du dich bitte kurz vorstellen und uns etwas zu deiner Geschichte erzählen?

 

Ich heiße Zaher und bin 21 Jahre alt. Ursprünglich komme ich aus Syrien und habe dort bis zu meinem 15. Lebensjahr mit meiner Familie gelebt. Ich habe dort meinen Realschulabschluss gemacht und anschließend bei meinem Vater in der Firma gearbeitet. Mein Vater hatte eine Firma im Bereich des Fensterbaus. Als in Syrien der Krieg begonnen hat, habe ich das Land verlassen und dachte, dass ich nach zwei bis drei Monaten wieder zurückkehren werde. Vorerst war ich für zwei Jahre nach Libyen gegangen, da mein Vater dort Freunde hatte, bei denen ich unterkommen konnte. Dort habe ich ebenfalls handwerklich gearbeitet. Nachdem sich jedoch auch dort die Lage verschlechtert hatte und auch die Rückkehr nach Syrien keine Alternative war, habe ich mich entschlossen, eine Flucht nach Europa zu wagen. Seit ungefähr 4 Jahren wohne ich mit meiner Familie nun schon in Metzingen, habe einen Führerschein, spiele gerne Fußball und mache eine Ausbildung bei der Firma WAFIOS.

 

Kanntest du Deutschland bevor du hierhergekommen bist? Was sind die Unterschiede zwischen Deutschland und Syrien deiner Meinung nach?

 

Deutschland kannte ich nur von der Fußballweltmeisterschaft und von den deutschen Werkzeugen, die mein Vater in seiner Firma immer bestellt hat, da sie als die besten Werkzeuge galten.

 

Da ich aus Syrien komme und nun in Deutschland lebe, lebe ich in zwei unterschiedlichen Kulturen. Sprache und Essen sind zwei große Unterschiede, aber auch die Pünktlichkeit. Für mich war die deutsche Pünktlichkeit von Anfang an ein großes Problem, sowohl im Betrieb also auch in der Berufsschule. Auf Pünktlichkeit wird in Deutschland großen Wert gelegt, man muss auf die Minute pünktlich sein, dass ist in Syrien ganz anders. Deshalb war es anfangs sehr schwer für mich pünktlich zur Arbeit oder in der Schule zu erscheinen, da ich es nicht gewohnt war, die Zeit so streng einzuhalten. Außerdem ist bei der Firma WAFIOS die Genauigkeit beim Arbeiten sehr wichtig, dies kannte ich zuvor von Syrien auch nicht. Es wird sehr viel Wert auf Exaktheit gelegt, was ich durch meinen Ausbilder gelernt habe und so gelang es mir immer besser genau und exakt zu arbeiten. Mir ist auch noch aufgefallen, dass die Bürokratie in Deutschland viel aufwendiger und wichtiger ist als in Syrien. In Deutschland gibt es jede Menge Dokumente, welche man ausfüllen muss und es müssen viele Versicherungen abgeschlossen werden. Das ist in Syrien anders. In Syrien nehmen es die Menschen viel lockerer.

 

Wie startete dein Weg bei der Firma WAFIOS?

 

Ich bin nun seit ungefähr 1,5 Jahren bei der Firma WAFIOS beschäftigt. Zu Beginn meiner Zeit hier in Deutschland habe ich zuerst einmal sehr intensiv Deutsch gelernt, da gute Sprachkenntnisse sehr wichtig sind. Wenn man sich nicht verständigen kann, ist es sehr schwer in einem anderen Land Anschluss zu finden, geschweige denn einen Beruf. Ich habe mich also für einen Sprachkurs bei der IHK angemeldet, welcher ein Jahr lang ging. Dort haben wir die Grundlagen der deutschen Sprache gelernt. Darüber hinaus habe ich sehr viel Deutsch in meiner Freizeit gelernt. Am Ende meines Sprachkurses hat die IHK-Betreuerin ihre Hilfe angeboten, uns bei der Suche eines geeigneten Ausbildungsplatzes zu unterstützen. Alle Interessenten konnten sich in eine von ihr bereitgestellte Liste mit Name und Handynummer eintragen. Ich habe die Gelegenheit genutzt und mich in die Liste eingetragen, da ich die Hoffnung hatte, hier in Deutschland eine Ausbildungsstelle zu finden. Eine Woche später hat mich meine IHK-Betreuerin mit positiven Nachrichten angerufen. Sie hat mich gefragt, ob ich an einer Ausbildung als Industriemechaniker Interesse hätte, da es eine Möglichkeit gäbe mich in diesem Berufsbild an eine Firma zu vermitteln. Damals konnte ich mir gar nichts unter dem Begriff „Ausbildung als Industriemechaniker“ vorstellen, da ich nicht wusste wie eine Ausbildung in Deutschland abläuft und was die Tätigkeiten eines Industriemechanikers sind. Trotzdem habe ich der Betreuerin rückgemeldet, dass ich Interesse an der Ausbildungsstelle habe, da ich dies als Chance sah. Daraufhin wurde ich an die Firma WAFIOS vermittelt und dort zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Insgesamt hatten sechs Leute, einschließlich mir, ein Vorstellungsgespräch. Dort wurde mir vom Ausbilder Herr Bez, erklärt, wie das Ausbildungssystem in Deutschland funktioniert und, dass ich vor Beginn der Ausbildung ein Einstiegsqualifizierungsjahr absolvieren muss. Drei der sechs Bewerber bekamen die Möglichkeit ein zweiwöchiges Praktikum zu absolvieren und einer davon sollte die Stelle für das Einstiegsqualifizierungsjahr erhalten. Nach dem Vorstellungsgespräch erhielt ich dann einen Anruf und eine Einladung für ein Praktikum. Das zweiwöchige Praktikum hat mir sehr viel Spaß gemacht, ich konnte mich sehr für die Tätigkeiten eines Industriemechanikers begeistern und habe mich riesig gefreut, als die Firma WAFIOS sich für mich entschieden hat. Im September 2016 hab ich dann bei WAFIOS das Einstiegsqualifizierungsjahr begonnen.

 

Was versteht man unter einem Einstiegsqualifizierungsjahr und wie war das Jahr für dich?

 

Ein Einstiegsqualifizierungsjahr ist eine Möglichkeit für Jugendliche bzw. junge Erwachsene, welche womöglich noch nicht so lange in Deutschland leben oder nicht alle formalen Voraussetzungen erfüllen, aber trotzdem großes Potential besitzen, in ein Ausbildungsverhältnis aufgenommen zu werden. Das Einstiegsqualifizierungsjahr umfasst eine Zeitspanne von sechs bis zwölf Monaten, während denen der  Teilnehmer die Möglichkeit hat sowohl den Ausbildungsberuf und entsprechende Fachbegriffe als auch das Unternehmen, die anderen Azubis und den potentiellen Arbeitgeber kennenzulernen. Für das Unternehmen hat dies den Vorteil, dass die Ausbilder die jeweilige Person im Arbeitsalltag kennenlernen und im Optimalfall anschließend an das Einstiegsqualifizierungsjahr in ein Ausbildungsverhältnis übernehmen können.

 

Für mich war das Einstiegsqualifizierungsjahr eine sehr gute Vorbereitung für die Ausbildung. Ich habe dort die Fachbegriffe, das Ausbildungs- und Berufsschulsystem hier in Deutschland sowie die Verhaltensregeln kennengelernt. Nach dem Einstiegsqualifizierungsjahr war ich richtig gut für die Ausbildung vorbereitet. Auch sprachlich konnte ich mich weiter entwickeln, da ich viel Kontakt mit den anderen Azubis hatte. 

 

Was hat sich verändert seit dem Einstiegsqualifizierungsjahr und deiner Ausbildung jetzt?

 

Es hat sich viel verändert. Sprachlich bin ich viel besser und sicherer geworden. Und auch menschlich; ich habe viele neue Freunde gefunden und spreche sehr viel Deutsch. Außerdem habe ich sehr viele neue Erfahrungen gesammelt und bin auch mit meinen Noten in der Berufsschule sehr zufrieden. Mittlerweile verstehe ich auch die technischen Inhalte mit den Fremdwörtern gut.

 

Zurzeit bist du in der Ausbildung als Industriemechaniker, da du dein Einstiegsqualifizierungsjahr erfolgreich abgeschlossen hast. Was sind deine Tätigkeiten während deiner Ausbildung genau?

 

Genau, ich habe im September 2017 dann mit meiner Ausbildung als Industriemechaniker begonnen. Zurzeit mache ich den Grundkurs zum Drehen und Fräsen. Vor allem das Drehen bereitet mir dabei viel Freude. Außerdem montiere ich sehr gerne. Die Tätigkeiten von Industriemechanikern sind sehr vielfältig. Wir bekommen beispielsweise einen Metallgrundlehrgang, dort erstellen wir einen LKW aus Stahl, den wir dann mit nach Hause nehmen dürfen. Das Projekt dauert ca. vier bis sechs Monate ab Ausbildungsbeginn. Wir lernen dort alle Grundkenntnisse der Metallverarbeitung, wie z.B. Feilen, Sägen, Körnen, Anreißen, Biegen, Schleifen, Kleben und Bohren kennen. Danach geht es dann weiter mit verschiedenen Lehrgängen an den Dreh- und Fräsmaschinen. Ab Mitte des zweiten Lehrjahres dürfen wir dann in verschiedene Abteilungen, wie zum Beispiel in die Ersatzteilmontage, Inbetriebnahme / Ausprobe und Haspelmontage. Dort bekommt man nochmal viele neue Einblicke und arbeitet in den einzelnen Abteilungen mit.

 

Gibt es Unterschiede zwischen dem Ausbildungssystem in Syrien und in Deutschland?

 

Ja, die gibt es. In Syrien gibt es die duale Ausbildung nicht. Es gibt nur berufliche Kurse. Ein Kurs dauert ca. sechs Monate, aber die Mehrheit der Schulabgänger geht direkt in eine Firma und arbeitet dort aktiv mit. In Syrien werden viele Kenntnisse von den Eltern vermittelt und man lernt viel durch Erfahrungen, die man durch das aktive Mitarbeiten in einer Firma sammelt. Hier in Deutschland ist es anders. Die Ausbildung im dualen System erfolgt an zwei Lernorten, dem Betrieb und der Berufsschule. Hierbei werden in der Berufsschule theoretische und allgemeinbildende Inhalte vermittelt und in der Praxisphase durchläuft man den Betrieb und wird in verschiedenen Abteilungen eingesetzt. Außerdem erhält man einen Ausbildungsvertrag und eine feste monatliche Ausbildungsvergütung. Die Wochen sind sehr abwechslungsreich, man hat immer eineinhalb Tage in der Woche Berufsschule und die restlichen Tage verbringt man im Betrieb. Mir gefällt das duale Ausbildungssystem hier in Deutschland sehr gut, da man Theorie und Praxis gut kombinieren kann und dadurch die Inhalte gut vermittelt werden können.

 

Was gefällt dir bei WAFIOS besonders gut?

 

Das Arbeitsklima hier ist super, ich verstehe mich sehr gut mit meinen Ausbildern und auch die Azubis sind alle sehr nett und hilfsbereit. Die Ausbildung bei WAFIOS ist sehr abwechslungsreich, ich war schon in verschiedenen Werken im Einsatz und bekomme immer spannende Arbeitsaufträge. Im Werk 1 beispielsweise war ich in der Ersatzteilmontage, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Durch die Abwechslung lerne ich sehr viel. Ich gehe gerne zum Arbeiten.

 

Wenn meine Freunde mich fragen, wie es mir bei WAFIOS gefällt, sage ich immer, dass ich sehr zufrieden und glücklich bin, dass WAFIOS mir so eine Chance ermöglicht hat.

 

Was sind deine Zukunftspläne nach der Ausbildung?

 

Wenn ich meine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen habe, möchte ich gerne ein paar Jahre lang erst einmal in meinem erlernten Beruf arbeiten und dadurch Erfahrungen sammeln.

 

Anschließend könnte ich mir gut vorstellen, den Meister zu machen, wenn ich die Möglichkeit dazu habe.